Gerade liege ich hier gemütlich in meiner Hängematte, neben mir eine Packung „Pringels“ (seit Manaus im Januar nicht mehr gegessen!), ein Glas Orangenlimonade neben mir, ich genieße die letzten Sonnenstrahlen. Könnte ein voll und ganz gelungener Tag sein, aber das, was heute und auch in den letzten Tagen alles passiert ist, wühlt mich innerlich immer noch auf, lässt mir keine Ruhe. Und hat Folgeerscheinungen, vor allem in Bezug auf mein Bankkonto.
Es begann am Montag abend. Ich war gemütlich dabei, mit meinen Freunden Pizza zu machen um uns damit während dem letzten Mal gemeinsamen Filmschauens zu verköstigen, als Chris vorbei kam und meinte, es wäre gut wenn wir abends noch packen – vermutlich fliegen wir Dienstag früh los nach Eirunepé. Die Nacht war sehr kurz, bis um 1:30 Uhr war ich mit Packen, Aussortieren und sonstigen Vorbereitungen beschäftigt. Der Dienstag Morgen kam und ging, nichts geschah, kein Flugzeug am Himmel und mit ihm auch kein Jan. Sonderlich schlimm war das noch nicht – in Brasilien muss man einfach spontan sein und sich auf eventuelle Überraschungen gefasst machen. Der Koffer war schon einmal gepackt, alles weitere erledigt und man könnte ja einfach darauf warten, bis das Flugzeug fliegt. Immerhin konnten wir am Nachmittag noch spontan einen lang angekündigten und immer wieder verschobenen Ausflug realisieren. Der ging dann zwar in einem Wolkenbruch und dem anschließenden Steckenbleiben des Toyotas im Schlamm unter, Spaß daran hatten wir aber trotzdem: Ein kleines Abenteuer zum Ende. Abends habe ich das Nötigste aus meinem Koffer heraus geholt und mich in meinem leer geräumten Zimmer ins Bett gelegt. Immerhin war die folgende Nacht dann länger als die vorherige, auch wenn ich am Mittwoch morgen wieder vor 8:00 Uhr aufstand – es könnte ja sein, dass wir abfliegen. Nachdem ich bei Totzens frühstückte, kam Andreas im Laufe des Morgens zu mir und meinte, dass im ganzen Ort kein Flugbenzin mehr verfügbar wäre, ein Schiff von Feijó (18 Stunden Entfernung) aber schon am Vorabend in Richtung Envira startete. Der Pilot startete währenddessen mit den letzten Benzinresten nach Ipixuna, ein Charterflug, für den er fürstlich entlohnt wurde. Dafür lässt man die handesüblichen Kunden, die ihren Flug schon vor einem Monat angekündigt haben, natürlich gerne daheim. Der neue „Plan“ besagte, dass das Benzin im Laufe des Tages ankommt, er abends landet, uns einlädt und noch nach Eirunepé bringt, von wo aus unser Linienflug am Donnerstag morgen startet. Und selbst wenn das nicht klappt, „auf jeden Fall bringt er uns sonst am nächsten Morgen dorthin, das es auf den Flug reicht ist eine Selbstverständlichkeit“. So verbrachte ich den Rest des Tages mit Verabschiedungen und im Internet – Erledigungen waren nicht möglich, man musste ja immer erreichbar sein da der Pilot jeden Moment kommen und wieder starten könnte. Auch der Mittwoch verging ohne Flug, den dritten Abend in Folge ging ich zu Totzens zum Abendessen – bei uns daheim war ja nichts mehr – und abends legte ich mich mit einem mulmigen Gefühl ins Bett. Es blieb nun nur noch eine Möglichkeit für den Flug, damit ich die Linienmaschine nach Manaus noch erwische. Donnerstag morgen. Früh aufgestanden, Zähne geputzt, alles fertig gepackt und ab zu Familie Totz. Noch keine Nachricht vom Piloten, dann klingelte das Telefon. Er sagte, ihm hätten sechs Passagiere auf einmal abgesagt, das würde sich nicht lohnen. Unser Schicksal, das auch mit einem sehr teuren Interkontinentalflug zusammenhängt und sein Wort vom Vortag sind ihm egal. Andreas und Angelika fuhren zum Büro, redeten und versuchten eine Lösung zu finden. Anscheinend klappt es doch noch irgendwie, der Pilot soll um 9:05 Uhr in Envira ankommen. Unser Linienflug geht um 10:30 Uhr, bei einer Flugzeit von ca. 30 min bis nach Eirunepé sieht es gut aus. Resignation pur, als wir um 10:30 Uhr immer noch auf dem Rollfeld stehen und der Pilot immer noch nicht gelandet ist.. Doch immerhin kommt er noch, mindestens fünf Leute inklusive Pilot steigen aus – wo sind die Absagen? Ab ins Flugzeug, mit uns starteten noch zwei andere Passagiere sowie ein Mitarbeiter des Flugteams – das Flugzeug ist also vollbesetzt! Noch eine kurze Nachricht, bevor wir los fliegen – der Linienflieger ist noch gar nicht angekommen und wenn er ankommt, wartet er noch auf uns. Hoffnung und Freude kommt auf. Allerdings währt diese nicht lange: In Eirunepé angekommen, erwartet uns ein gähnend leerer Flughafen, nur ein paar Soldaten marschieren hin und her. Auf unsere Nachfragen heißt es, der Flieger wäre pünktlich gekommen und pünktlich abgeflogen – auf dem Rollfeld in Envira wurden wir knallhart angelogen, nur damit wir den doppelten Preis bezahlen. Irgendwann erscheint auch ein Auto, mit dem wir in die Stadt fahren können. Nach dem Bezahlen für den Flug – mehr als den Basistarif (55 Euro) kriegen sie nicht – werden Pläne für den Nachmittag werden geschmiedet – wann gehen wir den Flug umbuchen? - Telefonate mit daheim und mit Familie Totz geführt. Auf dem Rückweg vom Mittagessen im Restaurant kommt es bei der Bank zu Zwischenfällen, die uns im schlimmsten Fall mehr als 600 € gekostet haben. (Genaueres werden wir erst nach der Abrechnung unserer Karten wissen). Da der Tag eh schon so super verlief, gibt es auf den letzten hundert Metern noch so einen Wolkenbruch, der uns total durchnässt und unsere Laune auf den Tiefpunkt sinken lässt. Das soll aber nicht heißen, dass es nicht noch schlimmer kommen kann – viel könnte noch passieren: Der Linienflieger am Freitag könnte wie der am Samstag schon vollbesetzt sein, die Preise unsere Möglichkeiten übersteigen, die Geschichte mit der Bank ein böses Ende nehmen, der Buschflieger-Pilot eine Nachzahlung verlangen … . Als wir dann um 15:00 Uhr im Büro der Fluggesellschaft ankommen und Alex während dem stundenlangen Warten auf dem Sofa ein schläft – kann ihm keiner übel nehmen bei der langsamen Internetverbindung – machen sich zwei Mitarbeiter der Agentur auf dem Weg in ein Internetcafé, wo die Verbindung besser ist. Per Walkie-Talkie wird dann Kontakt gehalten. Am Ende kommt heraus, dass wir beide nur schlappe 400 BRL (rund 150 Euro) nach zahlen müssen. Von wegen „Last Minute“, zum Ende hin wird es teurer! Als wir uns dann endgültig auf den Heimweg machen, kommt noch die nächste Hiobsbotschaft. Erlaubt sind nur 18 kg Gepäck plus 5 kg Handgepäck. Was für ein Unterschied zu unseren Weiterflügen mit TAM und Lufthansa (20 kg Gepäck plus 10 kg Handgepäck plus eine Laptop-/Foto-/Handtasche). Wer das Monopol hat, diktiert die Preise – die gelten übrigens nur hier in Amazonas, in allen anderen Bundesstaaten hat man mehr Gewicht frei – die Konkurrenz macht's! Die Bilanz des Tages: Viele Nerven verloren, jede Menge Geld ausgegeben – wenn es blöd läuft, noch viel mehr verloren – vom Buschpiloten und seinen Angestellten angelogen worden, nasse Wäsche und nichts richtiges zum Essen. Zum Einkaufen fehlt uns die Lust, bis auf ein paar Säfte, die Pringels und eine Packung Spaghetti habe ich nichts gekauft bzw. gefunden. Egal, das kann man knabbern und trinken, reicht ja auch. Morgen werden wir dann um 17:00 Uhr nach Manaus starten – wenn alles klappt, ich bin vorsichtig geworden mit klaren Aussagen… - und um 20:30 Uhr ankommen. Nun haben wir nur den Samstag und Sonntag zum Einkaufen zur Verfügung und mit unserem alten Freund Rodrigo können wir uns (wir ursprünglich geplant war) auch nicht mehr treffen – der startet am Samstag in Richtung Envira. Wünschen wir ihm mehr Glück, als wir es hatten…
Ob Alex dann am Montag gut nach Salvador und ich nach Sao Paulo/Deutschland komme, werden wir dann sehen. Auch da sind noch einige Fragen offen, nicht alles in trockenen Tüchern. Aber zumindest ich kann euch dann Bescheid geben, mit dem lange aufgeschobenen Eintrag über die letzten Wochen in Envira. Auf Nachrichten von Alex' müssen wir wohl bis Ende Juli warten.
Kommentare
Da kommen die Schattenseten des Lebens im Busch auf. Wie siehts mittlerweile aus? Gut in Deutschland gelandet? Ich hab hier ja noch 2 Wochen, dann komm ich auch nach Hause, aber bei uns wird das kein Problem :-) hoffe ich mal
nein ihr seid ja in einer Zivilisation, wo geregelte Abflugs- und Ankunftszeiten noch was zählen. Bin aber gut gelandet, aber dermaßen ausgebucht, dass es mir schwerfällt Zeit für einen neuen Blogeintrag zu finden, Bilder zu bearbeiten & hochzuladen etc.